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Winterrallye „Rund um Schotten“

2011


Schotten - 2011 (0)

Fotos

Scheffler, Leithäuser, Schädlich, Ackermann, Hahn, Hein, Schimpf

Text

Schädlich

Hilfe, wir sind im Fernsehen!

Als mich Landespräsident SB Dr. Scheffler bat in diesem Jahr einmal mit einem Vorkriegs Oldtimer an unserer Winterrallye anzutreten, wusste ich noch nicht so recht was auf mich zu kommen würde… Daher hier meine, man möge es mir nachsehen, sehr persönlichen Erlebnisse rund um diese Rallye. Wieso das so ist, verrät die Überschrift.

Im Vorfeld hatte sich der Hessische Rundfunk angekündigt. In einer Vorbesprechung mit der Redakteurin Frau Spiegelberg, wurde der Rahmen für die zu produzierende Sendung abgesteckt. Insgesamt drei Tage sollte in typischen (was ist schon typisch?) Schraubergaragen gefilmt werden. Auserkoren: SB. Dr. Scheffler, SB Robert Schramm und ich. Weitere drei Tage sollte die Berichterstattung dem eigentlichen Rallyegeschehen gelten. Was sollte groß kommen? Hin und wieder in die Kamera winken und ein paar Worte ins Mikrofon, so unsere Vorstellung. Weit gefehlt, das Ganze sollte in echten „Stress“ ausarten.

Die SB Robert und Jochen Schramm am Dienstag, SB Dr. Scheffler am Mittwoch, am Donnerstag war mein Einsatz geplant. Pünktlich stand das Fernsehteam bestehend aus einem Kameramann, einer Tontechnikerin und der bereits bekannten Redakteurin Frau Spiegelberg vor meiner Tür: „Machen Sie einfach das was Sie immer so vor einer Rallye machen!“ Das war einfach. Also ab in den Vauxhall 20-60 (1929) und in die nahe gelegene Werkstatt. Kameramann Tom Jeffers schulterte sein 12 Kilo schweres Arbeitsgerät und fuhr entschlossen die wenigen Kilometer mit. Dass er dabei seine Handschuhe vergaß, erwies sich dabei schnell als Fehler, es war lausig kalt…

Dort erwartete mich mein Beifahrer SB Daubert. Wieder mussten wir die Kamera ignorieren, was dem Ungeübten sichtlich schwer fällt. Spätestens in diesem Moment merkt man wie irritierend die ständige Präsenz eines Kamerateams eigentlich ist. Nicht nur, der schwarze Kasten selbst „blickt“ auf jeden Handgriff, auch der „Wischmopp“ (Mikrophon) der Tontechnikerin Susanne Körner wuselte ständig um uns herum. Und immer wieder Fragen zum Geschehen. Diverse Öle prüfen und nachfüllen, Filter checken und Kühlerflüssigkeit auffüllen, Wartungsarbeiten eben. Uups, der Verschluss der Kühlerflüssigkeitsflasche  landet prompt im Kühler! Minuten später verschwindet zu allem Überfluss auch noch der Kopf einer Staufferbuchse im Nirvana des Motorraumes. Bliebe nur noch das Abschmieren. Mühsam turnt Tom der Kameramann in die Grube, ich folge bewaffnet mit Schmierpistole und Lappen, nur um erschreckt fest zu stellen, dass das Auto ja eigentlich eine Zentralschmierung hat!

Am ersten Tag der Rallye in Schotten wollten wir es eigentlich gemütlicher angehen lassen. Pustekuchen. Eiligst werden SB Daubert und meine Person mit kleinen Mikrophonen verdrahtet. Jetzt nur keine dummen Sprüche ablassen! Nicht genug damit, ein neu hinzu gekommenes Mitglied des TV Teams, René Biernat, will an unserem Oldtimer eine Fingerkamera anbringen. Fingerkamera? Es handelt sich dabei um eine kleine Kamera, welche direkt vor der Windschutzscheibe mittels eines Stativs angebracht wird und das gesamte Geschehen aufzeichnet. Big Brother lässt grüssen.

Nachtetappe, Start 19:31, es wird Durchschnitt gefahren, wobei einige Zeiten vorher ausgerechnet werden müssen. Spätestens jetzt merken wir, dass aufgenommen zu werden gewaltig nervös macht. Nur der zu unserem Team hinzu gestoßene 2. Beifahrer, mein 11 Jähriger Sohn Patrick, rettet uns spontan bei dieser „kniffligen“ Rechenaufgabe.

Ca. 30 km und einige Zeitprüfungen sind zu bewältigen. Eigentlich nicht allzu schwierig. Doch kurz nach dem Start steigt die Wassertemperatur in ungewöhnliche Höhen. Was ist los? Nichts Schlimmes, nur die Pappe die ich vor dem Kühler platziert habe um die Kühlertemperatur in der eisigen Nacht möglichst schnell nach oben zu bringen, verrichtet hervorragend ihren Dienst. Bergauf mit Leitplanken am Straßenrand, also durchhalten bis zum nächsten Parkplatz, blitzartig raus springen und die Pappe vom Kühler reißen. Zu spät, eine riesige, ausgesprochen telegene Dampfwolke hüllt unseren Wagen ein. Das fanden unsere Begleiter vom HR auch. Immerhin hatten wir so durch das Kameralicht eine perfekte Beleuchtung auf dem sonst stockdunklen Parkplatz!

Samstag Morgen, 8:46 Uhr, Restart. Immerhin gingen bei der 41. Auflage der Schottenrallye 33 Teams an den Start. Davon sieben der FIVA Klassen C und D. Sogar vier Teams fuhren um den Junior Cup der Landesgruppe Hessen.

Wir hatten es uns in unserem offenen Oldie im mehrschichtigen „Zwiebellook“ durchaus „gemütlich“ gemacht. Nachteilig wirkte sich das auf die allgemeine Beweglichkeit aus. Mal eben zum Selbststempler zu gehen, war schon eine turnerische Leistung. Warum waren die Kisten nur damals so riesig und hatten doch innen Null Platz? Alle Gemütsregungen wurden per Funk direkt in den hinter uns herfahrenden Wagen des HR geliefert. Manchmal glaubte ich fast im Rückspiegel feixende Gesichter zu erkennen, wenn wir uns zum x-ten Mal in der Botanik verirrt hatten… Kleine „Differenzen“ im Team, wie diese auf Rallye durchaus bekannt sind, wurden von unserem Big Brother direkt mitgehört und von Frau Spiegelberg gekonnt in unverfängliche Fragen verpackt, in etwa: „Wie lief es denn so mit der Verständigung im Team?“.

Der Vormittag bot mit seinen 105 km Strecke einiges an kniffligen, aber machbaren Aufgaben. Die für Neulinge der Schottenrallye unverständlichen Wasserstandsmeldungen durch SB Jochen Schramm klärten sich spätesten bei der Furt in Strebendorf. Nur leider waren von den „versprochenen“ 70 cm Wasserstand nur noch ca. 30 cm übriggeblieben. Zu gerne hätten wir, und sicherlich auch das TV Team, einen Austin Healey oder vielleicht einen Triumph TR3 bei der Wasserdurchfahrt beobachtet. Mit unserem hochbordigen Gefährt wäre das durchaus noch machbar gewesen.

Auf der Nachmittagsetappe ein echtes Highlight: das Stehrodrom. Die private Rennstrecke, mit einer Länge von 730, war wahlweise im 25 km/h oder 35 km/h Schnitt zu umrunden. Mit unserer  gelben „Rennschnecke“ von vorneherein kaum lösbar. Wir blieben weit unter dem gewählten 25er Schnitt. Danach Fischgräte, Halbpfeil- und Schattenskizze. Lediglich eine letzte Aufgabe, eine Strich-Punkt-Skizze, führte zu dem einstimmigen Beschluss, diese zu überspringen. Ach ja, langsam wurde auch noch das Benzin knapp. Natürlich hatten Vogelsberg Erfahrene an der einzigen Tankmöglichkeit weit und breit, in Lauterbach, vorsorglich getankt. Wir prompt nicht! Auffällig langsam fuhr zu diesem Zeitpunkt SB Hepp mit seinem Ford V8 (1936) vor uns her. Das gleiche Problem: kaum noch Benzin! Aus Ersparnisgründen hatte er bei bergab Passagen den Wagen einfach nur rollen lassen…Aber alle haben es geschafft.

Gemeinerweise wurden wir vor der Preisverleihung nach unseren Siegeserwartungen gefragt. Mit unserer Schätzung im hinteren Drittel, lagen wir dabei gar nicht mal so falsch. Überraschung für das Fernsehteam: Wir bekommen trotzdem einen Pokal. Zweiter Platz in der Klasse C bis 1930. Daher noch mal die Frage: „Hätten Sie das jetzt erwartet?“ „Nein, nach über 10 Jahren ohne Pokal…oder so“. Logischerweise war ein Pokalgewinn für uns nicht allzu schwer, wenn halt nur drei Fahrzeuge in unserer Klasse mitfahren…

Schön frühstücken und locker heimfahren? Ganz so einfach kamen wir nicht davon. Also, noch mal in die Winterjacken geschlüpft, schnell wieder die Mikros ans Revers geheftet, in den Vauxhall und ab geht’s. „Show-Heimfahren“, alles einsteigen, winken, starten … und nichts tut sich! Der Oldie springt nicht an. Nur ein müdes Drehen des Motors zeugt von einer total erschöpften Batterie. Schieben ist angesagt. Mit Anschubhilfe einiger Schnauferlbrüder und Startpilot – nur nicht die Marke in die Kamera halten – springt der Motor unwillig an. Glück gehabt, besser hätte es kein Drehbuch vorschreiben können. Ein letztes Winken in die Kamera. Klappe und Ende.

Als Protokollant der 41. Winterrallye gebe ich unumwunden zu, versagt zu haben. Was um uns herum vorging, haben wir nur am Rande mitbekommen. Gefilmt zu werden war für uns eine völlig neue, interessante und ungewohnte Erfahrung. Lenkt aber andererseits doch schwer von Rallyegeschehen ab. Uns als Laiendarsteller wird jedenfalls diese Winterrallye noch lange im Gedächtnis bleiben, denn es hat uns trotz der ungewohnten Situation ziemlichen Spaß gemacht.