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Winterrallye „Rund um Schotten“

2016


Schotten - 2016 (0)

Fotos

Scheffler, Schädlich, Grethe, Hübner, Wagner

Text

Schädlich

Endlich wieder eine „echte“ Winterrallye!

Die schon frühlingshaften Temperaturen hatten wohl die meisten Teilnehmer nicht mehr auf eine „echte“ Winterrallye hoffen lassen. Noch einige Tage vor dem Start war strahlender Sonnenschein bei Temperaturen knapp über 10 Grad Celsius. Aber genau an dem Wochenende der Rallye, vom 19.-20. Februar regnete es sich ein und es wurde auch langsam kälter. 31 Teams hatten gemeldet, davon 7 Vorkriegsfahrzeuge. Letztere mit minimaler Winterausrüstung, vertrauend auf die milde Wetterlage, wie andere mit Fahrzeugen aus den 50igern und 60igern ebenfalls. Glücklich die Kameraden, die mit vollem Winterequipment antraten.

Traditionell beginnt die Rallye mit einer Nachtprüfung. In diesem Jahr über ca. 42 km zu fahren in einem 21,38 km/h Schnitt. Klingt einfach und relativ langsam. Aber mit sehr Trickreichen Aufgaben, auf keinen Sträßchen und in der Dunkelheit eine echte Herausforderung. Um 19:oo h war Start. Geplant 2 Stunden. Die letzten Teilnehmer, die sich beinhart durch die kalte Nacht durchgebissen hatten, kamen erst so um 23:oo h ins Ziel. Die Temperaturen in der Nachtetappe lagen um 0 Grad und es war relativ trocken. Die äußerst kniffeligen Orientierungsaufgaben der Rallye brachten die Beifahrer mehr ins Schwitzen, als die Straßenverhältnisse die Fahrer. Organisatoren SB Jochen Schramm und SB Heinz Jungels, beide verantwortlich für die echten „Gemeinheiten“ im Bordbuch, hatten wieder mit viel Ideen und gigantischem Zeitaufwand eine hoch anspruchsvolle Strecke ausgearbeitet. SB Jungels meinte: „Profis würden sich darüber totlachen!“ Mag sein. Nur sind eben die wenigsten Teams bei der Schotten Orientierungsprofis. Dementsprechend gab es in manchen Etappenabschnitten viele verzweifelte Gesichter. Bereits die erste Seite des Bordbuches der Nachtetappe mit gelben Chinesenzeichen auf schwarzem Hochganzpapier war eine besondere Herausforderung und brachte den einen oder anderen Teilnehmer vom „rechten Pfad“ ab. In Folge war die Zahl der Abbrecher entsprechend hoch. Beim traditionellen Lagerfeuer auf der Hotelterrasse, mit zünftiger Erbsensuppe, Glühwein und einigen Bieren und unzähligen Erlebnisgeschichten fand die Nacht einen schönen Ausklang und jeder ging mit dem Vorsatz ins Bett: „Morgen werden wir´s aber packen“!“

Am nächsten Tag wurden wir hefig in die Realität befördert. Es regnete beim Frühstück cats and dogs wie unsere englischen Freunde sagen würden. Aber in 500 – 700 Metern Höhe und bei null Grad ist das eben Schnee!!! Und das nicht wenig………

Pünktlich zum Start schneite es heftig. Die meisten der Pre-War Fahrzeuge waren geschlossen, hatten aber trotzdem mangels Lüftung Probleme mit beschlagenen Scheiben oder nur mäßig funktionierenden Scheibenwischern. Das Team im Singer Le Mans (1934) gab schon beim Anblick der Schneemassen direkt am Start auf. Es ging hoch in den Vogelsberg. Irgendwann kam uns SB Robert Schramm in seinem Chysler Six entgegen. „Kein weiterkommen. Die Straße ist zu vereist!“ Und: „Jetzt ist Winter angesagt, es gilt nur noch sicher anzukommen“. Verständlich, bevölkerte doch seine gesamte Familie den Saloon.

Immerhin mussten über 83 km im 25 km/h Schnitt und einiges an Höhenmetern bewältigt werden. Dazu noch der mehr als anspruchsvollen Streckenführung mit vielen unterschiedlichen Orientierungssystemen des Bordbuches folgen. Es schneite immer, immer stärker. Die Straßen waren teilweise mit einer geschlossenen Schneedecke kaum noch zu erkennen. Jede kleine Steigung wurde zu einer echten Herausforderung oder sogar zum unlösbaren Problem. Da waren die alten Autofahrertugenden aus vor ABS Zeiten wieder gefragt. Berghoch auf keinen Fall stehen bleiben und wieder hinunter ins Tal nur im niedrigen Gang. Ein Abbremsen wäre verhängnisvoll gewesen und hätte mit Sicherheit im Graben geendet. Selbst für erprobte Profis mit voller Winterausrüstung eine Herausforderung, etliche Oldtimer erreichte auf breiten Winterreifen nur schleudernd die Höhenlagen. Viel PS waren da im Gegensatz zu manch einer anderen Rallye nicht gerade von Vorteil. Auch ESB Dr. Ralph Scheffler auf seinem AC 16/70 (1937) schaffte einen steilen Anstieg nicht und musste und einen größeren Umweg wählen. Trotz dieses Umweges und einer blockierten, heiß gelaufenen Bremse schafften er und seine tapfere Beifahrerin Ruth es den 1. Preis in der FIVA Klasse D zu erringen. Andere wiederum beschlossen die Rallye-Aufgaben mehr oder weniger zu ignorieren und den Weg zur Mittagspause direkt zu fahren, so auch der Autor dieser Zeilen. Trotzdem wurde es noch recht heftig, da wir mit unserem Vauxhall Hurlinghan (1929) ohne jegliches Wetterschutzverdeck unterwegs waren.

Nicht alle Fahrzeuge schafften die Sollzeit von 3,20 h in Eis und Schnee zur wärmenden, wohlverdienten Mittagsrast pünktlich. Letztendlich erreichten aber doch alle Teams wohlbehalten Maar bei Lauterbach. Fast müßig zu erwähnen, dass auch hier vor dem Re-Start eifrig wieder in den Bordbüchern gewälzt wurde.

Highlight des Nachmittags war zum wiederholten Mal das “Stehrodrom in Storndorf“. Ein Wirrwarr von Kurven, Hügeln und einer Unterführung mit hohem Wasserstand. Der Parkour musste in einem Schnitt von 32 km/h und für die Klassen C und D von 25 km/h nach Streckenplan durchfahren werden. Nicht immer leicht, da hier auch noch „stumme Wächter“ zu beachten waren. Ein Stoppschild sorgte zusätzlich für Stress. Vollbremsung bis zur Blockade aller 4 Räder und sofort wieder Vollgas!

Die Rückfahrt zum Rallyehotel, eher ereignislos. Der Winterdienst hatte die Straßen wieder befahrbar gemacht. Lediglich einmal wurde es noch heikel. Irgendwo in den Höhenlagen des Hoherodskopf behinderte starker Nebel die Sicht, man konnte kaum die berühmte Hand vor dem Gesicht sehen, die Straße nur erahnen.

Ein unvergessliches Wochenende! Umso mehr, da alle Teams diese echte Winterrallye heil überstanden haben. Bester Teilnehmer als ASC-Mitglied wurde das Team David Kirby/Marcel Deggau auf einem Porsche 924 (1979). Gesamtsieger der diesjährigen Schotten-Rallye wurde das Team Klaus Müller/Eric Schwab auf einem Lancia Fulvia (1965).

Für alle Schotten-Enthusiasten gilt: „Never give up!“ Und somit werden sie alle wieder in 2017 im Vogelsberg dabei sein, wenn es wieder „Rund um Schotten“ geht.

Die folgenden Fotos wurden von Fotografie Gerhard D. Wagner (Copyright) zur Verfügung gestellt. Weitere unter: www.fotografiewagner.fotograf.de